Photovoltaik auf 81 Hektar

Rund um das Autobahndreieck Nahetal will ein Unternehmen aus dem Ruhrgebiet Freiflächen-Photovoltaik auf 81 Hektar errichten. Die Hälfte der Flächen ist bereits gesichert. Der erst seit Januar gültige 200-Meter-Korridor an Autobahnen und zweigleisigen Schienen vereinfacht Genehmigungen stark.

Doppelt so groß wie der Vatikan oder fünf Mal die Hamburger Binnenalster: Photovoltaik auf 81 Hektar soll am Autobahnkreuz Nahetal entstehen. Ein Unternehmen aus dem Ruhrgebiet sammelt Pachtfläche. Neue Gesetze erleichtern entlang von Autobahnen und Gleisen den Bau der Freiflächen-Module. Weg von Öl und Gas ist das Ziel. Die Kehrseite: Kein Bauvorhaben bislang würde Bingen optisch mehr verändern als der Sonnensammler. Vor allem in Dromersheim wächst der Unmut.

„Eine Eigentümerfamilie aus der Landwirtschaft hat uns angesprochen“, sagt Judith Tranninger, Unternehmenssprecherin der Stratkraft aus Düsseldorf. Die über 5000 Mitarbeiter zählende Firma schließt Solarpark-Verträge, beliefert mit Strom aus Wind und Solar. „Wir bieten Energielösungen für 100 Prozent Erneuerbare“, wirbt die Homepage.

Als Projektierer tritt das Cloppenburger Unternehmen T3 Deutsche Bauservice auf. Flächensicherung ist ihr Job und Bingen ihr Claim. 

Der Vorentwurf liegt dieser Zeitung vor, er lässt Ortskundige schlucken. 81.000 Quadratmeter rund um das Autobahndreieck sind straffiert. Bei aller Leidenschaft für Sonnenenergie – die Senke zwischen Rochusberg, Jakobsberg und Nahe erhielte eine komplett veränderte Optik.

So richtig Fahrt nahmen Solarmodule auf Freiflächen in der Region nie auf. Kein Wunder, denn im Winzerland ist jeder Hektar Boden wertvoll. Verfahren zogen sich zäh und über Jahre. Bei Waldalgesheim erstreckt sich ein Kollektorenfeld. Münster-Sarmsheim gab seinen Segen über verfüllten Kiesgruben, Ockenheim sein Okay für eine ehemalige Bauschuttdeponie. Den Bau von Modulen auf „gutem Boden“ lehnten Gemeinderäte in der Vergangenheit häufig ab. Zu viele Dächer, Hallen und Parkplätze sind noch ungenutzt. Krieg und Klimakrise stellten Weichen neu. Gesetze pushen den Spurt.

„In einem Korridor von 200 Metern zu Autobahnen und doppelgleisigen Bahntrassen gilt privilegiertes Bauen“, so die Stratkraft-Sprecherin. Dort ist Freiflächen-Photovoltaik grundsätzlich möglich. Und dort den Bau zu verhindern, das wird schwierig, wenn sich Bauern und Pächter einig werden. Geld ist der Hebel. Von dreimal so hoher Pacht auf 30 Jahre im Vergleich zu Ackerland ist in Dromersheim die Rede.

Grundstückseigentümer wurden angeschrieben und Gespräche sind geführt. ,,Bisher haben wir ungefähr die Hälfte der Flächen gesichert“, so Tranninger. Stratkraft will bis Herbst abschließen. Danach würde das Unternehmen mit den benötigten Gutachten wie Naturschutzkartierung und Testate zur Blendwirkung beginnen.

Ein Jahr ist für die Vorbereitung des Bauantrags kalkuliert, Baubeginn Ende 2025 angepeilt. Auf installierter Modulleistung von 93 Megawatt-Peak ist ein Stromertrag von 90.000 Megawattstunden prognostiziert – genug, um rein rechnerisch 20.000 Haushalte zu versorgen.

Das Vorhaben beruft sich auf ein erst im Januar verabschiedetes Gesetz „zur sofortigen Verbesserung der Rahmenbedingungen für die erneuerbaren Energien im Städtebaurecht“. Kritiker sehen ohne genaue Sondierung der Standorte Ökosysteme in Gefahr und bringen die Versorgungssicherheit durch Landwirtschaft als Konkurrenz ins Spiel.

Statkraft rechnet in Bingen mit einem Zielabweichungsverfahren, weil die Flächen im aktuellen Flächennutzungsplan für Landwirtschaft und Bewaldung vorgesehen sind. „Bislang planen wir eine klassische PV­ Anlage“, also kein Agri-Solar­Betrieb mit landwirtschaftlicher Restnutzung unter den Modulen.

Auf Nachfrage sagt der städtische Pressesprecher: „Grundsätzlich werden die Projekte von der Verwaltung positiv begleitet.“ Die aktive Flächenakquise sei bekannt, ein Antrag auf Baugenehmigung liege der Verwaltung jedoch noch nicht vor.

Solarparks verbinden tausende Module auf großen Flächen, um auf diese Weise hohe Strom-Erträge zu erzielen, die ganz oder teilweise ins öffentliche Stromnetz eingespeist werden.

Mit neuen Gesetzen kam viel Bewegung ins System. Denn in dem 200-Meter-Korridor gelten laxere Regeln vergleichbar mit Traktorhallen für die Landwirtschaft im Feld. Es reicht ein Bauantrag. Die anvisierte Fläche erstreckt sich rund um das Autobahndreieck zwischen Dromersheim, Büdesheim, Sponsheim und Grolsheim. Weil sowohl Autobahnen als auch Bahngleise im Terrain verlaufen, ist die mögliche Fläche besonders umfangreich. 

Von Christine Tscherner | Die Wiedergabe dieses Artikels erfolgt mit ausdrücklicher Genehmigung der VRM GmbH & Co. KG

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